Flüchtlingsreferent:innen der Bundesländer tagen zur Grundversorgung

Beschluss für ein Realkostenmodell für vulnerable Gruppen in der Flüchtlingsbetreuung – Handhabung der Eurodac-Verordnung durch Österreich soll geprüft werden

Die für das Flüchtlingswesen zuständigen Referent:innen der Bundesländer haben sich bei ihrer Konferenz in Parndorf am Freitag, 25. November,  für eine lückenlose Grenzsicherung sowie die Schaffung von Asylerstaufnahmezentren an der EU-Außengrenze ausgesprochen, wie sie Landeshauptmann Hans Peter Doskozil seit einiger Zeit fordere, berichtete Burgenlands Landesrätin Daniela Winkler im Anschluss an die Konferenz. Weitere Beschlüsse betrafen die Einführung eines Realkostenmodells für vulnerable Gruppen im Bereich der Grundversorgung und die das Asylwesen betreffende Eurodac-Verordnung. Hier solle geprüft werden, ob Österreich im Hinblick auf die hohe Anzahl an Asylverfahren diese Verordnung richtig anwende.

2022 sei ein sehr herausforderndes Jahr gewesen, bilanzierte Winkler. So habe es aufgrund des Ukrainekrieges unter dem Vorsitz des Burgenlandes vier außerordentliche Konferenzen der FlüchtlingsreferentInnen gegeben.

„Allen ist bewusst: Die derzeitige Situation ist keine einfache, gerade im Burgenland in der Grenzregion. Es ist natürlich auch sehr belastend für die Bevölkerung vor Ort. Nicht nur für die Bevölkerung – wir merken es auch im Rahmen der Exekutive, wir merken es beim Bundesheer“, sagte Winkler. Es gebe immer wieder sehr dramatische Schleppervorfälle, gerade bei uns im Burgenland. „Daher ist es ist uns wichtig, dass wir uns als Länder dementsprechend verständigen, zusammenkommen und über die derzeitige Situation Beschlüsse fassen.“

Vier Beschlüsse wurden einstimmig gefasst, erläuterte Winkler. Bei der lückenlosen Grenzsicherung gehe es um die Errichtung von Erstaufnahmezentren an den EU-Außengrenzen, um eine Entlastung in Ländern wie Österreich sicherstellen zu können.

Seit März ein großes Thema für die FlüchtlingsreferentInnen sei die Weiterentwicklung des Realkostenmodells und die Regelung der Tagsätze in privaten oder organisierten Quartieren. „Wir haben beschlossen, dass wir im Bereich der vulnerablen Gruppen – in der Pflege, in der Betreuung, in der Behindertenhilfe und im Bereich der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ein Realkostenmodell einführen und dieses auch weiterentwickeln möchten“, so die Landesrätin.

Oftmals diskutiert, habe es zum Thema Zuverdienstgrenze heute einen Beschluss gegeben. Dies sei für die Vertriebenen sehr wichtig, um sie in eine gewisse Selbstständigkeit zu bringen. „Da ist es notwendig, dass sie sich selbst einiges organisieren können, sich auch selbst Wohnungen anmieten können“, sagte Winkler.

Gerade als Länder nehme man das Thema sehr ernst: „Wir kennen unsrer 15a-Vereinbarung, die wir mit dem Bund als Länder haben, wir kennen unsere Aufgaben und nehmen unsere Verantwortung war und sorgen dafür, dass Quatiere zur Verfügung stehen. Gerade die Quartiersuche gestalte sich in vielen Ländern nicht einfach.“, betonte Winkler.

„Wir befinden uns in einer sehr herausfordernden Situation“, betonte der Vorarlberger Flüchtlingsreferent Christian Gantner: 2015 seien österreichweit rund 88.000 Asylanträge gestellt worden. Heuer habe man mit Mitte November bundesweit bereits mehr als 100.000 Asylanträge, dazu kämen noch 80.000 ukrainische Kriegsgeflüchtete.

Er sei froh, dass man gemeinsam als Länder mit den Gemeinden und mit dem Bund sehr partnerschaftlich an dieser Situation arbeite, so Gantner.

Was den Beschluss über eine lückenlose Grenzkontrolle und eine Außerlandesbringung in sichere Drittstaaten betreffe, sei für ihn ganz klar: „Wir bekennen uns als Länder und letztlich auch als Gemeinden zur 15a-Vereinbarung.“ Diese sei für die Länder „nicht nur eine Verpflichtung, sondern wir sehen es auch als unsere Verantwortung, als Länder gemeinsam mit den Gemeinden als unsere Partner hier für eine entsprechende Unterbringung der Asylwerber und Kriegsgeflüchteten zu sorgen. Das ist für uns klar und steht für uns außer Streit.“

„Aber uns ist auch wichtig: In diesem Bereich müssen alle ihre Hausaufgaben machen. Und das gilt für uns vor allem auch für die EU-Ebene, aber auch die Ebene des Bundes“, so der Landesrat. Man sei froh, dass der Innenminister sich hier gerade auf europäischer Ebene sehr stark einsetze.

„Uns ist es auch wichtig, dass wir es schaffen, die Aufteilung der Flüchtlinge EU-weit zu gewährleisten. Es kann nicht sein, dass Österreich, was die Asylwerber betrifft, neben Zypern das Land ist, das am meisten Asylanträge pro Kopf hat.“ Dazu gehörten auch entsprechende und wirkungsvolle Rückführungsabkommen.

Beim Realkostenmodell sei es den Ländern wichtig, zumindest in den genannten Gruppen ganz klar auf Realkosten abstellen. „Wir haben in den Organisationen entsprechende Tagsätze und entsprechend diesen Tagsätzen soll es auch Vergütungen geben.“

Gerade für die westlichen Bundesländer mit höheren Lebenserhaltungskosten sei es wichtig, dass möglichst in Richtung einer Realkostenabrechnung gearbeitet werden könne. Es sei aber der Fairness unter den Bundesländern geschuldet, „dass wir hier neben den Realkosten noch zusätzlich einen Deckel einführen können“, sagte Gantner.

Kärnten hatte einen Antrag zur das Asylwesen betreffenden europäischen Eurodac-Verordnung eingebracht, die möglicherweise falsch zur Anwendung kommt, berichtete Landesrätin Sara Schaar. „Da ist uns eines ganz klar geworden: Die vorgelagerten Länder haben Dublin III außer Kraft gesetzt. Wir sind ein EU-Mitgliedsstaat, der das noch nicht getan hat. Und da gibt es die klare Aufforderung an den Bundesminister, in weiterer Folge auf EU-Ebene einzuwirken, dass es Möglichkeiten gibt, die einfach wieder zu einem gerechten Verteilungssystem führen.“

In Österreich würde derzeit die Verordnung falsch angewendet. „Wir sind und unserer humanitären Verantwortung durchaus bewusst, aber mittlerweile haben wir in der Woche mittlerweile 4.000 Antragstellungen“, so Schaar. Diese würden automatisch über die Eurodac-Verordnung durchgeführt. „Diese Asylantragstellungen sind gezwungene Antragsstellungen. Weil wenn wir uns die Zahlen konkret ansehen, sehen wir, dass darunter nur knapp 300 Selbst-Antragstellungen sind.“

Innenminister Gerhard Karner werde im Beschluss der Länder auch aufgefordert, zu prüfen, ob die Eurodac-Verordnung in Österreich richtig zur Anwendung komme. Mit 4.000 Menschen in der Woche habe man in Österreich „große Herausforderungen“, da der Bund und neun Bundesländer für jeweils 400 geflüchtete Menschen Plätze zu finden hätten, betonte die Landesrätin, die von ihrer burgenländischen Kollegin Daniela Winkler den Vorsitz übernahm.