Unkoordiniertes Vorgehen der Bundesregierung verunsichert Eltern, Lehrer und Schüler

Bildungsbereich wird zum Spielball der Regierung – Wien, Kärnten und Burgenland werden ins Abseits gestellt.

Die Entscheidung, dass nach den Herbstferien in der Oberstufe auf Distance-Learning umgestellt wird, brüskiert Bildungsminister Faßmann und die Bildungsverantwortlichen in den Bundesländern. Das tags zuvor getroffene Übereinkommen des Bildungsministeriums mit den Bildungsdirektoren der Länder hält keinen Tag stand und sorgt für große Verunsicherung in Familien und bei Pädagogen. Die Regierung liefert keine konkreten Infos über die weitere Vorgehensweise in den Schulen.

Wien, Kärnten und das Burgenland kritisieren diese Vorgehensweise scharf und haben kein Verständnis dafür, dass sämtliche Informationen über die COVID-Maßnahmen ausschließlich via Pressemeldungen an diese Länder kommen. Es gab vor der gestrigen Bekanntgabe der Maßnahmen durch den Bundeskanzler keine Abstimmung und keine Information für Bundesländer mit sozialdemokratischen Landeshauptleuten.

Als Bildungslandesrätin des Burgenlandes bin ich erbost  darüber:

Es steht außer Frage, dass es in dieser schwierigen Zeit in allen Lebensbereichen Maßnahmen braucht, um die Fallzahlen zu senken. Aber es ist der falsche Weg, die Verantwortlichen in den Bundesländern, die seit Monaten bemüht sind, den Betrieb in Schulen und Kindergärten so sicher wie nur möglich zu gestalten, mit einer solchen Vorgehensweise vor den Kopf zu stoßen. Warum wurden die Herbstferien nicht dazu genützt, eine adäquate Strategie zu erarbeiten und alle Beteiligten rechtzeitig auf die kommenden Maßnahmen vorzubereiten? Mit dem Ende der Ferienwoche stellt sich in vielen Familien die Frage, wie es in den Schulen und Bildungseinrichtungen nun weitergehen soll.

Bislang gibt es keine rechtliche Grundlage, aufgrund der wir die Eltern und Lehrer über die weitere Vorgehensweise nach den Ferien informieren können. Am vergangenen Freitag wurde mit Bildungsminister Faßmann abgesprochen, dass die Schulampel in allen Bundesländern „gelb“ bleibt und es zu keiner Umstellung auf Distance-Learning kommen wird. Dementsprechend haben wir öffentlich darüber informiert. Einen Tag später ist diese Entscheidung obsolet und es herrscht große Verwirrung. Anscheinend gibt es auch auf Ebene der Regierung für den Bildungsbereich keine Abstimmung, da sich der Bildungsminister für den Unterricht in den Schulen, und damit gegen Distance-Learning ausgesprochen hat.

Unter diesen Umständen müssen wir auch die Sinnhaftigkeit einer Konferenz mit den höchsten Verantwortlichen in den Ländern hinterfragen, wenn die dort getroffenen Entscheidungen keinen Tag halten. Welchen Wert haben Ergebnisse dieser Konferenzen? Wie wird sich die Zusammenarbeit in Zukunft gestalten? Statt Planungssicherheit erzeugt die Regierung mit ihrer Vorgehensweise in der Bevölkerung in dieser sensiblen Zeit große Unsicherheit. Wir sind mehr denn je gefordert zusammenzuhalten und brauchen eine gemeinsam abgestimmte Strategie. Nur so können wir die passenden Rahmenbedingungen schaffen, die es braucht, damit Bildung unter den aktuellen Umständen bestmöglich funktioniert.

Wiens Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky betont dazu: „Damit unsere Kindergärten und Schulen gut planen können, braucht es Klarheit und transparente Entscheidungsfindung, keine Spielchen. Und es braucht rechtzeitige, verlässliche Kommunikation an die Schul- und Kindergartenleitungen, Eltern und Kinder. Wenn 24 Stunden nach einer gemeinsamen Einigung alles anders gemacht wird, ist das verwirrend. Klarheit schaffen, statt Verwirrung stiften – das gilt sowohl für die Schulen als auch für die Kindergärten!“

Landeshauptmann und Bildungsreferent von Kärnten, Peter Kaiser, bezieht klar Position:

„Es müsste viel mehr wie in allen Überlegungen zur Eindämmung der Pandemie abgewogen werden: Was nutzt eine Maßnahme, was schadet sie. Und ist der Schaden möglicherweise größer als der Nutzen. Den Oberstufen von einem Tag auf den anderen Home-Schooling zu verordnen, ist auch durch keine wissenschaftlich fundierte Expertise begründet. Besonders schlimm ist das deswegen, weil nicht nur dem Bildungsminister, sondern auch Kanzler, Vizekanzler und Gesundheitsminister klar sein muss, dass sie damit sehr vielen Jugendlichen, insbesondere unter den MaturantInnen und den ebenfalls betroffenen BerufsschülerInnen einen gleichberechtigten Bildungszugang vorenthalten, was sich dann nachweislich negativ auf ihre Zukunftsperspektiven auswirkt“, macht Kärntens Bildungsreferent Landeshauptmann Peter Kaiser deutlich. Er fordert die Bundesregierung auf, diesen schweren Fehler zu korrigieren und stattdessen Alternativen zu finden – beispielsweise einen „hybriden“ Unterricht, also zumindest einen Teil in Anwesenheit, oder auch einen gestaffelten Unterricht Vor- und Nachmittag.